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Gefährdungskategorien

Durch den Einfluss des Menschen auf die Natur sind immer mehr Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Doch ab wann gilt eine Art als besonders gefährdet? In dieser Lerneinheit schauen wir uns an, was die Gefährdungskategorien bedeuten.

Was weißt du schon?

Sicher hast du schon einmal von der Roten Liste der gefährdeten Arten der IUCN gehört und weißt, dass bestimmte Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht oder gefährdet sind. Aber weißt du, bei welcher Kategorie der Gefährdungsgrad größer ist?

Wer/Was ist die IUCN?

Die IUCN ist eine bedeutende Naturschutzorganisation. Die Abkürzung steht für International Union for Conservation of Nature and Natural Resources (Internationale Vereinigung zum Schutz von Natur und natürlichen Ressourcen). Ziel der Organisation ist es, die Menschheit für Natur- und Artenschutz zu sensibilisieren und einen verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen (Wasser, Luft, Boden, Rohstoffe usw.) zu erreichen.

Die IUCN hat über 1.400 Mitglieder in mehr als 170 Ländern. Zu den Mitgliedern gehören:

  • Umweltministerien
  • Bundesämter für Naturschutz
  • WWF
  • Natur- und Umweltschutz-Organisationen (z. B. WWF)
  • Zoologische Gärten
  • Jagd- und Fischereiverbände
  • Nationalparks
  • Organisationen indigener Völker

Etwa 16.000 Fachleute aus verschiedenen Bereichen arbeiten für die IUCN. Sie bewerten den Zustand von Natur und natürlichen Ressourcen und beraten die IUCN-Mitglieder in Naturschutzfragen.

Die Rote Liste der bedrohten Arten

Die wohl bekannteste Arbeit der IUCN ist die Rote Liste der bedrohten Arten. Sie informiert über den Gefährdungsgrad von Tieren, Pflanzen und Pilzen und umfasst etwa 150.000 Arten.

Die Bewertung kann sich auf die Art insgesamt beziehen, es werden aber auch einzelne Populationen erfasst. So kann es sein, dass eine Art zwar nicht insgesamt jedoch in bestimmten Regionen durchaus gefährdet ist.

In der folgenden Übersicht erfährst du, was die Kategorien aussagen und wir haben ein paar Beispiele für dich aufgelistet. Klick die Kategorien an, um mehr zu erfahren.

AUSGESTORBEN

englisch: extinct (EX)

Ausgestorben bedeutet, es gibt kein lebendes Exemplar dieser Art mehr. Dabei werden aber nur Lebewesen berücksichtigt, die nach dem Jahr 1500 ausgestorben sind. Die Urwale sind also nicht in der Roten Liste enthalten.

 

Beispiele

  • Pinta-Riesenschildkröte (Chelonoidis abingdonii)
    Die Pinta-Riesenschildkröte, eine Galapagos-Schildkrötenart gilt seit ca. 2012 als ausgestorben. Hauptgrund hierfür war, dass Schweine, Ziegen, Katzen und Ratten die Gelege und Jungtiere dieser Art fraßen. Außerdem zwerstörte der Mensch die Nahrungsgrundlage der Art, weil durch eingeschleppte Pflanzen einheimische Arten verdrängt wurden.
  • Chinesischer Flussdelfin (Lipotes vexillifer)
    Der Chinesische Flussdelfin ist in der Roten Liste zwar noch als vom Aussterben bedroht erfasst, aber mit dem Zusatz „wahrscheinlich ausgestorben“. Die letzte dokumentierte Sichtung war 2002. Es werden vereinzelt noch Sichtungen durch Einheimische gemeldet, vermutlich handelt es sich dabei aber um Verwechslungen mit Glattschweinswalen.

IN DER NATUR AUSGESTORBEN

englisch: extinct in the wild (EW)

In der Natur ausgestorben heißt, es gibt im natürlichen Verbreitungsgebiet kein lebendes Exemplar mehr. Lediglich in zoologischen oder botanischen Gärten kommen noch einige Individuen vor.

 

Beispiele

  • Nördliches Breitmaulnashorn (Ceratotherium simum ssp. cottoni)
    Das Nördliche Breitmaulnashorn fiel vor allem Wilderern zum Opfer, denen für das Horn der Tiere Höchstpreise gezahlt wurden. Der Bürgerkrieg im Kongo erschwerte die Schutzmaßnahmen.
    Stand 2023 existieren offiziell nur noch zwei Weibchen, die in einem Naturschutzreservat rund um die Uhr bewacht werden. In der Roten Liste der IUCN wird diese Unterart als vom Aussterben bedroht (wahrscheinlich in der Natur ausgestorben) gelistet.

VOM AUSSTERBEN BEDROHT

englisch: critically endangered (CR)

Vom Aussterben bedroht bedeutet, es gibt nur noch extrem wenige Exemplare. Man muss davon ausgehen, dass die Art oder Population in der Natur in unmittelbarer Zukunft ausstirbt.

 

Beispiele

  • Vaquita/Kalifornischer Schweinswal (Phocoena sinus)
    Der Vaquita, der kleinste Wal, ist die am stärksten bedrohte Walart. Diese Art kommt nur in Kalifornien vor und es gibt nicht einmal mehr 20 Tiere. Insbesondere die Fischerei wurde den Tieren zum Verhängnis, viele starben als Beifang in den Netzen der Fischer.
  • Atlantischer Nordkaper (Eubalaena glacialis)
    Der Atlantische Nordkaper wurde durch den Walfang stark dezimiert und die Population vor Europa komplett ausgerottet. Heute kommt diese Art nur noch zwischen Grönland, den USA und Kanada vor und es gibt weniger als 400 Tiere.
  • Orca (Orcinus orca) in der Straße von Gibraltar
    In den Sommermonaten können wir in der Straße von Gibraltar gelegentlich Orcas beobachten. Die hier lebende Population unterscheidet sich genetisch von anderen Orcas im Atlantik. Es gibt aber nicht einmal mehr 40 Tiere.

STARK GEFÄHRDET

englisch: endangered (EN)

Stark gefährdet bedeutet, die Zahl der Individuen ist so niedrig, dass die Art bald aussterben könnte, wenn sich die Situation nicht unmittelbar verbessert.

 

Beispiele

  • Gewöhnlicher Delfin (Delphinus delphis) im Mittelmeer
    Früher war er der am häufigsten beobachtete Delfin, daher kommt der Name Gewöhnlicher Delfin. Die Art hält sich vor allem in Küstennähe auf, wo aber auch wir Menschen am aktivsten sind. Durch Überfischung und Verschmutzung des Lebensraums der Tiere ist die Population im Mittelmeer inzwischen stark gefährdet. Nur vor Malta und bei uns in der Straße von Gibraltar gibt es noch größere Schulen.

GEFÄHRDET

englisch: vulnerable (VU)

Gefährdet bedeutet, es besteht ein hohes Risiko, dass diese Art in der Natur in unmittelbarer Zukunft aussterben könnte.

 

Beispiele

  • Pottwal (Physeter macrocephalus) global
    Der Pottwal wurde bis in die 1970er Jahre stark bejagt – bis zu 20.000 Tiere wurden pro Jahr getötet. Heute existiert nur noch etwa 1/3 der ursprünglichen Bestände.

POTENZIELL GEFÄHRDET

englisch: nearly threatened (NT)

Potenziell gefährdet bedeutet, nach der Beurteilung der Art liegt diese nur knapp  unter den Kriterien, die für eine Bedrohung gelten. Man geht aber davon aus, dass diese Schwelle in naher Zukunft überschritten wird.

 

Beispiel

  • Finnwal (Balaenoptera physalus) im Atlantik vor Europa
    Die intensive Jagd auf den Finnwal begann erst, als es immer weniger Blauwale gab. Im Gegensatz zu ca. 500.000 Finnwalen vor der Waljagd gibt es heute nur noch 100.000.
    Die Finnwal-Population im Atlantik gilt als potenziell gefährdet und steht somit etwas besser da als die gesamte Art, die als gefährdet eingestuft ist. (Die Population im Mittelmeer ist sogar stark gefährdet.)

NICHT GEFÄHRDET

englisch: least concern (LC)

Nicht gefährdet bedeutet, die Art oder Population fällt nach der Beurteilung der verschiedenen Kriterien nicht unter eine Gefährdungskategorie.

 

Beispiele

  • Gewöhnlicher Delfin (Delphinus delphis) global
    Weltweit gilt der Gewöhnliche Delfin als nicht gefährdet. Dieser Status heißt aber nicht, dass man sich keine Sorgen machen muss. Wie du oben sehen konntest, ist Population im Mittelmeer stark gefährdet.
  • Grindwale (Globicephala melas) global
    Grindwale gelten global als nicht gefährdet. Die Population in der Straße von Gibraltar ist aber nach einem Befall mit dem Morbilli-Virus 2006/2007 stark geschrumpft und inzwischen vom Aussterben bedroht.

UNZUREICHENDE DATENGRUNDLAGE

englisch: data deficient (DD)

Unzureichende Datengrundlage bedeutet, die vorhandenen Informationen reichen noch nicht aus, um das Aussterberisiko zu bewerten.

 

Beispiele

  • Orca (Orcinus orca) global
    Einzelne Populationen der Orcas sind zwar als gefährdet eingestuft (siehe Orcas in der Straße von Gibraltar → vom Aussterben bedroht). Man kann aber keine generelle Aussage für die gesamte Art machen.

NICHT BEURTEILT

englisch: not evaluated (NE)

Nicht beurteilt bedeutet, diese Art oder Population ist zwar bekannt, es wurde aber noch keine Beurteilung durchgeführt. Diese Arten sind nicht in der Roten Liste enthalten.

Für die Rote Liste der bedrohten Arten untersucht man in erster Linie Arten, für die man eine Bedrohung annimmt. Bisher wurden von der IUCN etwa 150.000 Arten von Tieren, Pflanzen und Pilzen in die Rote Liste aufgenommen. (Bekannt sind weltweit etwa, eine Millionen Tierarten, 250.000 Pflanzenarten und über 2 Millionen Pilzarten.)

 

Wie wird der Gefährdungsgrad ermittelt?

Den Gefährdungsgrad zu ermitteln ist eine komplexe und langwierige Aufgabe. In welche Gefährdungskategorie eine Art eingeordnet wird, ist von verschiedenen Kriterien abhängig, die eng miteinander verknüpft sind. So spielt nicht nur die Zahl der Individuen eine Rolle, sondern auch das Verbreitungsgebiet sowie die Ursachen für den Rückgang. Klicke in der folgenden Grafik die Info-Punkte an, dort haben wir die wichtigsten Punkte für dich aufgelistet:

Romeo-Irrtum

In der Roten Liste der bedrohten Arten gelten einige Lebewesen noch als vom Aussterben bedroht, obwohl sie in den Medien bereits als ausgestorben dargestellt werden, zum Beispiel der Chinesische Flussdelfin. Warum ist das so?

Nachzuweisen, dass eine Art wirklich nicht mehr existiert, ist nahezu unmöglich. Wird eine Art aber zu früh aufgegeben, kann das am Ende wirklich deren Aus bedeuten. Man nennt das den Romeo Irrtum. Der Tod von Romeo und Julia in Shakespeares Stück wäre nämlich vermeidbar gewesen, wenn Romeo nicht irrtümlicherweise Julia für tot gehalten und aufgegeben hätte.

Welche Folgen hat es, wenn eine Art den Status ausgestorben erhält? In diesem Fall entfällt der gesetzliche Schutz für die Art und ihren Lebensraum. Sollte sich später doch herausstellen, dass es noch Individuen gibt, hat die Art durch die inzwischen fehlenden Maßnahmen aber noch weniger Chancen zu überleben. Erneute Schutzmaßnahmen müssen erst wieder beantragt und aufgenommen werden, wodurch viel wertvolle Zeit verlorengeht.

Gefährdungskategorie Chinesischer Flussdelfin (IUCN)

Solange also noch die Möglichkeit besteht, dass einzelne Individuen überlebt haben, bevorzugt man die Kategorie vom Aussterben bedroht mit der Ergänzung wahrscheinlich (in der Natur) ausgestorben, wie in der Beschreibung zum Chinesischen Flussdelfin.

Sind vom Aussterben bedrohte Tiere noch zu retten?

Ob eine Rettung am Ende gelingt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Leider schreitet die Ausrottung der Arten durch den menschlichen Einfluss immer schneller voran. Ein Beispiel für eine – zumindest bisher – gelungene Rettung ist der in Nordamerika vorkommende Schwarzfußiltis (Mustela nigripes) aus der Familie der Marder. Er galt 1979 als ausgestorben. Einige Jahre später entdeckte man doch noch eine Kolonie, die 1985 aber fast durch eine Staupe-Epidemie verloren ging – nur 16 Tiere überlebten und wurden eingefangen.

Die Nachzucht war so erfolgreich, dass ab 1991 wieder Schwarzfußiltisse ausgewildert wurden. Das war aber leider nicht überall erfolgreich – einige Populationen fielen erneut Krankheiten zum Opfer.

Heute hat sich die Art zumindest so weit wieder erholt, dass sie „nur“ noch als stark gefährdet eingestuft ist. Durch das Klonen eines in den 80er Jahren verstorbenen Weibchens ohne Nachkommen versucht man inzwischen auch, den Genpool der Schwarzfußiltisse zu vergrößern und widerstandsfähigere Nachkommen zu züchten.

Zusammenfassung

In diesem Kapitel hast du einen Einblick in die Gefährdungskategorien der Roten Liste bekommen. Fassen wir das Wichtigste noch einmal zusammen­.

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Quellen und Zusatzinfos

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Stiftung firmm

Die Stiftung firmm setzt sich aktiv für die Erforschung und den Schutz von Walen und Delfinen und ihres Lebensraums Meer ein.

Unser Standort Tarifa an der Straße von Gibraltar dient als Forschungs­station und bietet allen Besuchern die Möglich­keit, die faszinierenden Meeressäugetiere in ihrem natürlichen Lebens­raum zu erleben.