Meeresschutzgebiete (MPAs)
Erderwärmung, Umweltverschmutzung und Überfischung sind nur einige Faktoren, die unseren Meeren schwer zu schaffen machen. Vielen von uns ist gar nicht bewusst, wie wichtig die Ozeane für uns sind, auch wenn wir selbst nicht an der Küste wohnen. Deshalb sollten wir uns dringend für den Schutz unserer Meere stark machen. Schauen wir uns an, welche Rolle Meeresschutzgebiete dabei spielen.
Wozu brauchen wir Meeresschutzgebiete?
Lange Zeit haben wir Menschen geglaubt, wir könnten die Welt nach unseren Bedürfnissen formen und nutzen. Natürliche Flächen galten als ungenutztes Potenzial, aus dem sich durch Nutzung jede Menge Kapital schlagen lässt. So haben wir die Natur immer mehr verändert, die Ressourcen ausgebeutet und Lebensräume zerstört. Doch mit unserem Handeln haben wir die Ökosysteme an Land und im Wasser gehörig aus dem Gleichgewicht gebracht.
Was sind dabei die größten Gefahren für die Ozeane? Klick auf die Info-Punkte in der Grafik und finde es heraus.
Langsam beginnen wir nun zu verstehen, dass unser größtes Kapital in der Erhaltung dieser natürlichen Lebensräume liegt. Intakte Ökosysteme sind extrem wichtig, auch für unseren Kampf gegen Armut, Hunger und Klimawandel.
Was sind Meeresschutzgebiete?
Meeresschutzgebiete (englisch: marine protected areas, MPAs) dienen dem Erhalt der Lebensräume und Artenvielfalt. Dabei handelt es sich um besonders wichtige Gebiete für das Ökosystem Meer, zum Beispiel um Laichgebiete und Kinderstuben von Fischen, um Nahrungsgründe gefährdeter Meeressäuger oder um Gegenden mit besonders großer Artenvielfalt. Diese Zonen sind durch Gesetze oder andere Übereinkommen geschützt und werden entsprechend überwacht.
Was ist verboten, was erlaubt?
Was in einem Meeresschutzgebiet erlaubt bzw. verboten ist, hängt von dessen Funktion und Zielen ab. Die Weltnaturschutzunion (IUCN) unterscheidet verschiedene Kategorien von Meeresschutzgebieten mit unterschiedlichen Schwerpunkten.
Ia – Wissenschaftliche Nutzung
Diese Gebiete sind streng geschützt und erlauben nur Zugang zur Überwachung sowie für ganz bestimmte Forschungszwecke. Es handelt sich um sogenannte “no-take areas”, also Gebiete, in denen nichts entnommen werden darf. Fischfang ist demzufolge untersagt, ebenso Proben von Korallen, Gesteinen usw., auch nicht für wissenschaftliche Zwecke.
Ib – Erhaltung des Urzustandes
Hierbei handelt es sich um streng geschützte naturbelassene Gebiete, die hauptsächlich der Erhaltung des Urzustandes dienen. Menschliche Handlungen sind auf ein absolutes Minimum reduziert und streng geregelt. So sind diese Gebiete für Forschungszwecke und traditionelle Nutzung zugänglich und es sind auch Entnahmen für diese Zwecke möglich.
II – Erhaltung des Ökosystems
Gebiete der Kategorie II sind stark geschützt und umfassen größere Bereiche. Sie dienen hauptsächlich der Erhaltung und Wiederherstellung des Ökosystems, sind jedoch für eine kleine Anzahl von Besuchern zugänglich, die sich hier für Wissenschaft, Bildung oder zur Erholung aufhalten.
III – Erhaltung von Naturdenkmalen
Die Kategorie III bezieht sich auf kleinere Bereiche zur Erhaltung bestimmter Naturdenkmale, wie Tiefseeberge, Höhlen oder Korallenriffe. Sie sind für eine begrenzte Anzahl von Besuchern zugänglich und haben oft touristischen Wert, es kann sich zum Beispiel um beliebte Tauchgebiete handeln.
IV – Schutz von Arten/Lebensräumen
Gebiete der Kategorie IV dienen hauptsächlich dem Schutz bestimmter Arten oder Lebensräume bei gleichzeitiger nachhaltiger Nutzung durch den Menschen. Fischerei und Aquakultur sind also gestattet, die Betonung liegt aber auf Nachhaltigkeit.
V – Erhaltung von Unterwasserlandschaften
Hierbei handelt es sich um geschützte Gebiete von hohem biologischen, kulturellen und wirtschaftlichen Wert für die Küstenbewohner. MPAs der Kategorie V sollen die nachhaltige Nutzung des Gebietes sichern und erhalten.
VI – Nachhaltige Nutzung
Diese Kategorie umfasst große Gebiete zur Erhaltung der Ökosysteme und Lebensräume bei gleichzeitiger Sicherstellung einer nachhaltigen Nutzung in bestimmten Teilen des Schutzgebietes.
Ziel und Zweck
Der Schutz der Natur ist immer das Hauptziel von Meeresschutzgebieten. Wie in den Kategorien zu erkennen ist, kann ein weiterer Motivationsgrund aber durchaus der Lebensunterhalt der Bevölkerung sein, z. B. durch Fischerei, Aquakultur oder Tourismus. Dies ist bei sehr vielen Schutzgebieten in Küstennähe der Fall. Der Fokus liegt aber auf der nachhaltigen Nutzung, damit die Umwelt nicht noch weiter belastet wird.
Im folgenden Video Empty to Plenty siehst du, wie sich die Natur im Meereschutzgebiet Kuruwitu (Kenia) erholt hat. Nachdem die Fischer ihre Familien kaum noch ernähren konnten, handelten sie. Heute können sie wieder gut vom Fischfang leben. Nachhaltiger Tourismus bringt ihnen zusätzlich Geld ein. Viele Fischer aus anderen Gegenden kommen, um von diesem Beispiel zu lernen. (Dauer: 4:40 min, auf Englisch)
Umfang von Meeresschutzgebieten
Meeresschutzgebiete sind nicht von ihrer Umgebung abgegrenzt. Sie werden von Strömungen und Gezeiten beeinflusst, welche Nährstoffe aber auch Schadstoffe mit sich bringen können.
Große Meeresschutzgebiete können dabei in Bereiche verschiedener Kategorien unterteilt werden – mindestens 75% müssen aber der Kategorie zugeordnet sein, unter der das gesamte Schutzgebiet gelistet ist. Eine Unterteilung sollte dabei horizontal erfolgen, sodass die Wasseroberfläche sowie die Wassersäule und der Meeresboden darunter zur selben Kategorie gehören. Klicke auf die Info-Punkte in der Grafik und lerne, warum das so ist.
Damit Meeresschutzgebiete effektiv sind, müssen sie groß genug sein. Viele Lebewesen bewohnen in unterschiedlichen Entwicklungsstadien verschiedene Bereiche des Meeres, von flachen Küstengewässern im Larvenstadium bis hin zu tiefen Zonen im offenen Meer als ausgewachsene Tiere. Manche Arten ziehen ihrer Beute hinterher in andere Gebiete oder unternehmen sogar große Wanderungen, wie zum Beispiel der Rote Thun oder einige Walarten und Meeresschildkröten. Hierfür wäre ein Netzwerk zur Überwachung der Zahlen, Routen und möglicher Veränderungen von Vorteil. So kann man positive wie negative Trends schnell erkennen und entsprechende Maßnahmen einleiten.
So können Schutzgebiete helfen
Der Schutz natürlicher Lebensräume dient nicht nur dazu, die Natur vor menschlichen Einflüssen zu bewahren. Im Gegenteil: Schutzgebiete tragen zu einem besseren Miteinander zwischen Mensch und Umwelt bei. Es gibt bereits viele Beispiele, wie sich durch nachhaltige Nutzung von Meeres- und Küstengebieten die Situation der Menschen und der Natur verbessert hat.
Weitere zu schützende Gebiete
Neben den bereits bestehenden Marine Protected Areas (MPAs) gibt es noch weitere Meeresgebiete von Bedeutung. Dazu gehören:
- ökologisch bzw. biologisch wichtige Gebiete (EBSAs = Ecologically or Biologically Significant Areas)
- wichtige Gebiete für Artenvielfalt (KBAs = Key Biodiversity Areas)
- wichtige Laichgebiete für Fische (Fish spawning aggregations = SPAGs)
- wichtige Gebiete für Meeressäuger (IMMAs = Important Marine Mammal Areas)
- wichtige Gebiete für Vögel (Important Bird Areas = IBAs)
Solche Gebiete werden durch Forschung identifiziert und nach entsprechender Prüfung als wichtige Gebiete ausgewiesen. Sie erhalten dadurch zwar noch keinen speziellen Schutzstatus, sind aber ein wichtiges Instrument, um auf die Besonderheit dieser Gebiete aufmerksam zu machen. Denn oft weiß ja nicht einmal die Bevölkerung vor Ort, welchen Schatz sie da vor ihrer Haustür hat.
Straße von Gibraltar als wichtiges Gebiet
Was man beim regen Schiffsverkehr in der Straße von Gibraltar gar nicht vermuten mag – auch die Meerenge gehört zu solchen wichtigen Gebieten. Mehr als 20.000 Störche und Greifvögel nutzen auf ihren Wanderungen regelmäßig die schmalste Stelle der Meerenge für die Überquerung des Mittelmeers zwischen Europa und Afrika. Und für die Tiere im Wasser ist die Meerenge als Auftriebsgebiet wichtig, weil die an die Meeresoberfläche gespülten Nährstoffe für eine reiche Artenvielfalt sorgen.
In die Liste der IMMAs wurde die Straße von Gibraltar wegen der Orcas aufgenommen. Sie ist das einzige Gebiet im Mittelmeer, wo sich diese Art regelmäßig aufhält. Die Subpopulation unterscheidet sich genetisch sogar von denen im Atlantik und mit nur ca. 40 Tieren ist sie in der Roten Liste der bedrohten Arten als “vom Aussterben gefährdet” eingestuft. 2016 wurde von den spanischen Behörden ein Gesetz zum Schutz der Orcas erlassen. Dies verlangt unter anderem:
- Damit die Orcas in Ruhe jagen können, dürfen sie von März bis August im Schutzgebiet rund um Tarifa nicht beobachtet werden.
- Die Anstrengungen zur Erholung des Roten Thuns sollen intensiviert werden.
- Thun-Fischer sollen eine ausreichende Quote erhalten, um den Verlust an die Orcas zu kompensieren. Dazu sollen Beobachter auf den Fischerbooten anwesend sein.
- Gefahren für die Orcas müssen besser evaluiert werden und die Forschung soll intensiviert werden. Die Daten der Whale Watcher sind jährlich an das Ministerium in Madrid zu übermitteln.
- Das Netzwerk von Volontären, die gestrandete Wale registrieren, soll ausgebaut werden.
- Die Bevölkerung soll informiert und sensibilisiert werden, besonders in Schulen.
Situation und Zukunft von Meeresschutzgebieten
Zurzeit gelten weltweit nur etwa 8 % der Meere als geschützt – zumindest auf dem Papier. Viele Gebiete werden nämlich nach wie vor zu stark genutzt, ob durch industrielle Fischerei, intensiven Tourismus oder den Abbau von Rohstoffen.
Der WWF kritisiert zum Beispiel die Lage in Europa folgendermaßen: „…noch nicht einmal jedes siebte Meeresschutzgebiet hat einen Managementplan, in dem genaue Maßnahmen zum Schutz oder zur Wiederherstellung der Natur festgeschrieben, also zum Beispiel die Fischerei eingeschränkt werden.“
Eine Studie in der Wissenschaftszeitschrift Science stellte fest, dass in Europas MPAs immer noch mit Grundschleppnetzen gefischt wird, teils stärker als außerhalb der Schutzgebiete. Um dieser Art der Fischerei in den deutschen und niederländischen MPAs von “Natura 2000” entgegenzuwirken, wurden von Greenpeace Felsbrocken im Meer versenkt. Schau dir dazu das folgende Greenpeace-Video von 2011 an (Dauer: 1:54 min).
Um den Herausforderungen für die Menschheit in Zukunft gewachsen zu sein, benötigen wir schnell viel mehr und deutlich besser geschützte Lebensräume. Bis 2030 sollten mindestens 30 Prozent von Meer und Land unter Schutz stehen. Die Kampagne 30×30 wird von der Wissenschaft und vielen Umweltverbänden unterstützt. Nach Angaben von Ocean Unite kann der Schutz von 30 Prozent der Ozeane mehr als 150.000 Arbeitsplätze schaffen und bis zum Jahr 2050 mindestens 490 Mrd US-Dollar einbringen.
Zusammenfassung
Auf dieser Seite hast du erfahren, wie wichtig Meeresschutzgebiete für gesunde Ökosysteme und auch für uns Menschen sind. Im Abschlussquiz kannst du testen, was du dir alles gemerkt hast.
Wie möchtest du weitermachen?
Was interessiert dich als Nächstes? Möchtest du weitere Lernthemen auf firmm-education entdecken oder dich noch intensiver mit der Ozeanversauerung auseinandersetzen? Für beides haben wir hier ein paar Empfehlungen.
Lernthemen-Empfehlungen
Einige hier erwähnte Informationen werden an anderer Stelle noch ausführlicher behandelt. Du könntest zum Beispiel mit einem der folgenden Themen weitermachen:
- Fischerei
- Küstennutzung (in Vorbereitung)
- Bedeutung der Straße von Gibraltar für die Artenvielfalt
- Tiefenzonen der Meere
- Orcas
Quellen und Zusatzinfos
Du möchtest noch mehr über Meeresschutzgebiete erfahren? In unseren Quellen für dieses Lernthema findest du viele zusätzliche Informationen:
- MOOC zu Meeresschutzgebieten von IUCN (en, fr)
- Artikel über den Nutzen von Meeresschutzgebieten bei natur.de
- Artikel Europas Meeresschutzgebiete sind keine Refugien bei natur.de
- Wissenschaftliche Untersuchung zu Fischfang in MPAs in der Science (en)
- Artikel Meeresschutzgebiete in Europa vom WWF
- Infos zu Meeresschutzgebieten vom deutschen Bundesamt für Naturschutz (BfN)
- Marine Protection Atlas mit Karten und Zahlen zu Meeresschutzgebieten (en)
- Seite zu MPAs von noaa.gov
- Infos von IUCN zum Status der Orcas in der Meerenge (en)
- Listung der Straße von Gibraltar als IMMA (en)
- Listung der Straße von Gibraltar als IBA (en)
- Infos zum MPA Cabo Pulmo, Mexiko (en)
- Infos zum MPA Chumbe Island, Tansania (en)
- kleines Foto Korallen: Bernd Nies